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50 Jahre Trachtenfest - 1971-2021
Vor
50 Jahren: Geschichte in lebenden Bildern
Die letzte schwäbische Großveranstaltung in Jahrmarkt / Zur Erinnerung Von Luzian Geier Der neue Impuls zeigte sich in der Folge unter anderen in unzähligen jährlichen Banater Trachten-Kerweifeiern – von Pfingsten im Frühjahr in Jahrmarkt bis zum Spätherbst zu Martini im November in Eichenthal - und Trachtenbällen in der kalten Jahreszeit (Fasching). Den „größten Schwabenball“ organisierte im Gefolge schon 1969 der Lehrer und zeitweilige Schuldirektor Hans Tittenhofer mit Teilnehmern aus der ganzen Umgebung und dann noch größer – mit 110 Paaren - in der Art der Einwanderungsfeiern mit Schwergewicht auf den Trachten im Wandel der Zeit am 10. Februar 1970 in Warjasch. Auch da wurde gefilmt. Es folgten ähnliche Großveranstaltungen mit historischen Trachten öffentlich im Dorf verbunden mit Volkstänzen sowie auch im Kulturheim in Tschanad (1970), wo 1972 eine große Männerkerwei folgte, ferner in Marienfeld u. a. Vor genau 50 Jahren fand am 13. und 14. Februar 1971 eine weitere, etwas andersartige schwäbische Festlichkeit statt, in die fast das ganze Dorf aktiv und als Zuschauer eingebunden war: Die Darstellung der Ortsgeschichte von den Anfängen über 250 Jahre in lebenden, farbenprächtigen und klingenden Bildern, also weit über die „Nachbildung“ der drei Einwanderungsbilder des Malers Stefan Jägers hinaus. Mitgewirkt haben zudem der große Temeswarer Schubert-Chor unter der Leitung von Herbert Weiss mit einem untermalenden Volksliederprogramm und die „Pipatsch“-Kapelle unter Dirigent Heinz Wenrich. Gekommen waren sowohl Samstag als auch Sonntag viele Gäste und zahlreiche Offizielle aus Temeswar, Kronstadt und Bukarest. Weil damit gerechnet wurde, dass der Kulturheimsaal – das frühere Gasthaus Seibert – wieder zu klein sein wird und die Sicht auf die Bühne schlecht war, wurde schnell ein Balkon an der hinteren Wand errichtet für geladene Gäste-Zuschauer. Die Bukarester Tageszeitung „Neuer Weg“ schätze das Ereignis noch 1977 in einem Bericht als einen „Höhepunkt“ ein „im Banater schwäbischen Kulturbetrieb der letzten Jahrzehnte“ (aus der Pressemappe Josef Schäffer, 1932-2017). Die Gemeinde zählte damals rund 3.000 berufstätige Einwohner. Die gesamte Bühnendarbietung der „Einwanderungsfeier“ wurde tags darauf bei schönem, wenn auch kaltem Februarwetter auf den Straßen wiederholt und für die deutschsprachige Sendung des Rumänischen Fernsehens Bukarest gefilmt. Gesichert ist, dass dieser Sahia-Studio-Streifen sogar als Vorspann in Banater Kinos gezeigt wurde. Eine große Gruppe in bunten Trachten versammelte sich sonntags vor dem Rathaus für den Umzug durchs Dorf – die Gemeinschaft bewies sich als stark und wohlgefestigt. Vertreter aller Generationen und Berufe hatten die verschiedenen Trachten und Kleider angelegt. Bäuerinnen und Bauern in Arbeitstracht, auf allen Bildern Kinder mit dabei. Handwerker und verheiratete Frauen in Sonntagstracht des 19. Jahrhunderts, rechts eine ältere Mädchen-Festtracht. Handwerksburschen und Wandergesellen mit ihren Mädchen in Festkleidung. Kinder in der neuzeitigen Jahrmarkter Kerweitracht führten eine Teilnehmergruppe an, links im Vordergrund Lehrerin Katharina Schäffer, die uns die Fotos für diesen Bericht zur Verfügung stellte, mit im Bild ihre beiden Söhne. Die Organisatoren Alle Schritte zur behördlichen Genehmigung und Absicherung waren vom damaligen Vorsitzenden des Temescher Kreisrates der Werktätigen deutscher Nationalität, Nikolaus Berwanger, Initiator der sehr aufwändigen Feierlichkeit, eingeholt und durchgesetzt worden, auch die Redaktionen der deutschsprachigen Zeitungen (Neue Banater Zeitung, Neuer Weg, Karpaten Rundschau, alle drei Chefredakteure waren zugegen) standen informierend und werbend hinter den Vorhaben. Um das große Pensum der vielfältigen Vorbereitungen schaffen zu können, wurde Gymnasialprofessor Schäffer vom Schulamt für eine Zeit sogar freigestellt. Bei den Hauptproben für die vielen Gruppen war das künstlerische Mitwirken des Schauspielers Hans Kehrer wichtig. Die Gesamtregie hatten die Lehrer Schäffer (künstlerischer Leiter) und Speck (Dokumentarist, nach Ludwig Schwarz) inne. Überwältigende Leistung „Sechs lebende Bilder“ machten den Kern der Darbietung aus mit eindrucksvollen Gestalten in entsprechenden Trachten und Kleidern, vom Dreispitz, dem Männerzopf und den Schnallenschuhen bis zur Feldarbeit (Acker, Aussaat, Ernte), den Handwerkern und den Spinnstubenbeschäftigungen der Generationen. Nicht fehlen durfte die Kerwei, auch als Fest der Jugendlichen: über 30 Trachtenpaare und die Musik dazu. Über die Großveranstaltung schrieben u. a. der Publizist Ludwig Schwarz unter der Überschrift „Überwältigende Trachtenschau in Jahrmarkt“ eine ganzseitige Reportage in der Karpatenrundschau Nr. 7 vom 19. Februar 1971, für den Neuen Weg erstellte Franz Engelmann eine große bebilderte Reportage, in der NBZ von Sonntag, 14. Februar 1971 erschien ein erster, aktueller Bericht, zwei Tage später eine Bilder-Doppelseite („eine beispiellose Leistung“). Engelmann vermutete, dass die Gemeinde noch nie so viele Gäste empfangen hatte, als an diesen zwei Tagen, allein am Sonntag sollen es geschätzt 1.500 gewesen sein laut Pressebericht. Leider sind die Fotos der damaligen Pressefotografin Trude Peter (Pantea) mit dem NBZ-Redaktionsarchiv verschollen. Der Schriftsteller Ludwig Schwarz ging auf den „tieferen Sinn“ und den „wertvollen Inhalt“ der „Trachtenfest-Tradition“ ein. Auf der Bühne „rollten“ im Verlauf von über zwei Stunden die „zweieinhalb Jahrhunderte Banater schwäbische Geschichte“ in „lebenden Bildern vorbei, dargestellt von 280 Mitwirkenden. Die Szenen wurden für die Zuschauer im übervollen Saal „zu wahrem Erleben“ dank der begeisterten Hingabe der Laiendarsteller, die über eine längere Zeit vorbereitende Proben auf sich nahmen. Bis heute stellen sich viele die Frage, ob diese Feste Teil der Identitätssuche, der Selbstdarstellung und des Selbstvergewisserns, eines letzten gemeinschaftlichen Aufbäumens waren oder Zeichen der „Wegsuchenden“ dieser letzten Generation, aus der viele mental schon vor einer schweren Entscheidung standen. Abschließend unterstrich der Reporter, dass es sich um ein „allgemeingültiges Ereignis“ von regionaler Bedeutung handelte, das „uns alle angeht“. In diesem Sinne verfasste Organisator Josef Schäffer 1985 seine Rückschau im erwähnten Bildband „Jahrmarkt im Banat“. Er schätze das Fest als ein „Bild der Erinnerung an unsere alte Heimat“ ein, in der Hoffnung, dass es den Landsleuten noch lange erhalten bleibe. Anmerkung: Eine Besonderheit in Verbindung mit dem Fest soll hier noch erwähnt werden: Ludwig Schwarz spendete sein Honorar für den Bericht in der KR der Jahrmarkter Familie Tannenberger als bescheidene Hilfe zum Wiederaufbau ihres Heimes nach einem verheerenden Hausbrand. Alle
Fotos aus der Sammlung der Familie Schäffer, die Farbbilder werden
erstmals veröffentlicht.
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