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Joseffi - 2014


„Joseffi“ und die zwei Jahrmarkter „Kerweih“-Feste
Die denkmalgeschützte Kirche ist dem Nährvater gewidmet/ Die „Kerweih“ für alle wird an Pfingsten gefeiert
Von Luzian Geier


Der heilige Josef als Nährvater Christi, Pflegevater des Gottessohnes, Bräutigam Mariens, aber auch der Handwerker, ebenso der sehr verbreitete Rufnamen Josef hatten in der Gemeinde Jahrmarkt eine besondere Bedeutung. Wie im ganzen Banat und darüber hinaus im gesamten Raum der ehemaligen Doppelmonarchie und bis nach Bayern kam der Tauf- und Rufname häufig vor. In Jahrmarkt als Vettr Josep, Vettr Sepp, Josep, Sepp oder Seppi, in der „ungarischen“ Zeit kamen dann Josch, Joschi und Joschka hinzu. Zusätzlich, aber herabschätzend und meist hinterrücks gebraucht, gibt es noch den „Joope“. Diese Form des Spottnamens ist hier wort- und namenkundlich nicht erforscht. Er steht in der Regel für einen zu gutmütigen Mann, der sich ausnutzen und verdummen lässt.

Neben Hans und Peter war Josef einer der verbreitetsten männlichen Vornamen im Ort. Der Namenstag wurde dementsprechend viel und traditionell gefeiert, er war früher wichtiger als die Geburtstagsfeier. Das Volkslied „Sepp bleib do, de Teiwl holt dich sowieso“ war auch hier verbreitet. Die weibliche Form Josepha/ Josefine/ Seffi war seltener, meist bei eingeheirateten Frauen aus anderen schwäbischen Dörfern.

Eine weiterer Grund, dass „Joseffi“ im Dorf besonders gefeiert und geehrt wurde, war die Häufigkeit des Berufs der Zimmerer und Tischler, für die der heilige Josef Schutzpatron ist. Die öffentliche Verehrung des Heiligen begann im Abendland im 14./15. Jahrhundert. Im römischen Kalender steht sein Fest seit 1621. Papst Pius IX. erklärte ihn zum Schutzpatron der ganzen Kirche. Der Josefstag (auch Joseftag oder Joseffitag) ist ein Hochfest der katholischen Kirche, das am 19. März zu Ehren des Heiligen begangen wird. Josef ist nach seinem von der Bibel überlieferten Beruf als Zimmermann der Patron der Arbeiter insgesamt, hier wiederum besonders der Zimmerleute und Tischler. Neben Maurer waren das im stadtnahen Jahrmarkt früher die häufigsten ausgeübten Handwerksberufe.
 
Joseffi
Älteste Innenaufnahme der katholischen Kirche in Jahrmarkt mit Blick auf den Hochaltar.
Hauptaltar mit der Statue des Schutzheiligen und dem Gemälde "Die heilige Familie in der Werkstatt".
 
Die Jahrmarkter Besonderheit lag jedoch in der Tatsache, dass St. Josef im Ort schon immer der Schutzheilige der römisch-katholischen Kirche war (die erste kleine Holzkirche, Josef geweiht zu Pfingsten 1732, ist 1764 abgebrannt) und ist.
 
JoseffiJoseffi
Hl. Josef-Verehrung: "Du Hüter des Heilands im Arbeitsgewandt"
Links: Hochaltar in Jahrmarkt - Foto von Hans Eichinger (Rickerts, Altgass)
Rechts: Hl. Josef in der Pfarrkirche St. Fides und Markus in Sölden, 2014
 
Das große Bild über dem Hauptaltar („Die heilige Familie in der Werkstatt“, Wiener Maler Bonaventura Emmler, aus dem Jahre 1856) zeigt Josef als Familienvater und Handwerker. Vor dem Hochaltarbild stand eine schöne Statue des Heiligen mit dem Jesus-Kind auf dem linken Arm und dem Lilienstab in der Rechten über dem Tabernakel (Siehe Foto aus dem Familienalbum Hans Eichinger, Altgasse). Ihm zu Ehren wurden früher alljährlich mindestens drei Josefs-Andachten abends abgehalten mit besonderen Josef-Andachtsliedern (Beispiel: „Du Hüter des Heilands im Arbeitsgewand…“). Der Festtag des Heiligen galt im örtlichen Volksmund als „em Phader sei Kerwei“, also das Kirchweihfest des Paters/Priesters. Da wurde ein festliches Hochamt zum Patroziniumsfest zelebriert, meist wurden weitere Priester zur Feier und als Konzelebranten eingeladen. Anschließend gab es im Pfarrhaus einen Umtrunk zu Ehren des beliebten Schutz- und Namenspatrons für die Gäste, Kirchenratsmitglieder und engeren Mitarbeiter. In den Familien wurde das Schutzheiligenfest der Kirche nicht besonders gefeiert.

Üblicherweise ist bei den christlichen Kirchen das Fest des Schutzheiligen, dem das Gotteshaus geweiht ist, auch das Kirchweihfest. In Jahrmarkt ist dieses jedoch aus zwei Gründen so nicht der Fall. Der Festtag „S. Josephum Sponsum B. M. V.“ bzw. „Patrocinio sancti Josephi Nutricii“ fällt im Frühjahr in eine Zeit der intensivsten Feldarbeiten, da war Feiern für alle auf dem Lande nicht angesagt. Vor allem war es aber, dass „Joseffi“ meist in die Fastenzeit fiel. Zudem war die derzeitige Kirche  nicht am Josef-Tag geweiht worden, sondern im Mai am hohen Pfingstfest. Daher feierten Kirche und Kirchengemeinde das „Kerweih“-Fest groß und über mehrere Tage lang als Gemeinschafts-, Familien- und auch weltliches Fest zu Pfingsten und mit einer Nach-Kirchweih dazu (meist zwei Wochen nach Pfingsten). Es war im Banat eines der frühesten Kirchweihfeste im Jahr. Der frühe Versuch des Kaisers Josef II., die mehrtägige „Freßkerweih“ (so der Kaiser) zu verbieten, blieb ohne Erfolg, auch in den Zeiten der Diktatur hielt die Bevölkerung an der „Kerweih“-Tradition fest. So fand dann unter der Regie der Rekruten des Jahrgangs 1936 schon 1956 zu Pfingsten (Mitte Mai) wieder eine „Kerweih“ in Tracht mit etwa 30 Paaren statt. Vortänzer waren Hans Tyoschitz mit Anna Loris (Jahrgang 1940, später verheiratete Zerwes, lebt in Rastatt). Auf dem vorgestellten Foto sind die Vortänzerpaare nicht zu sehen, im Vordergrund die Reihe der Trachtenträgerinnen Elisabeth Eichinger (verh. Nover), Elisabeth Zeich und Ami Stefan.
 
Joseffi
Ausschnitt vom großen Trachtenzug
 der ersten Nachkriegskerweih 1956
 
Eine andere Patronats-Besonderheit in Jahrmarkt war die des weltlichen Kirchenpatronats. Nachdem ein Großteil der Felder der Gemarkung vom damaligen Staat über die Hofkammer Ende des 18. Jahrhunderts an Private verkauft worden war um das Staatssäckel in Wien aufzufüllen, wurde bald danach eine reformierte (calvinistische) ungarische Adelsfamilie über lange Zeit Grundbesitzer. Dies mit der Auflage, die Verpflichtungen des weltlichen Kirchenpatronats zu übernehmen. Es sind uns keine Klagen diesbezüglich bekannt, zumal es in der Familie der Barone Ambrozy auch konfessionelle Mischehen gab. Diese katholischen Angehörigen wurden teils in der „Barons-Gruft“ auf dem Jahrmarkter oberen Friedhof beigesetzt. Im Jahrzehnt vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges hatten sogar drei Großgrundbesitzerfamilien unterschiedlicher Konfessionen das weltliche Patronatsherrenrecht über die römisch-katholische Kirche in Jahrmarkt (Baron Ambrozy Bela de Seden, Freiherr Ernest von Gudenus aus österreichischem Adel und Baron Georg L. Manasszy-Barko, auch Gutsbesitzer im benachbarten Muran).

Im Vorjahr wurde die denkmalgeschützte Kirche neu eingedeckt und mit neuen Dachrinnen ausgestattet, in diesem Jahr stehen Reparaturen am Innen- und Außenputz an.

Joseffi
Allen Menschen und Landsleuten mit dem Namen Josef
"Zum Namensfeste das Allerbeste"