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Singen in Jahrmarkt



Da haben wir so manche Stund‘
Gesessen da in froher Rund‘
Und taten singen...

Singen
Gesangsverein

Über das Singen in Jahrmarkt
von Franz Frombach (1929-1999), aus dem Nachlass
 
In einer Handwerker-Großgemeinde wie Jahrmarkt wurde die Jugend nicht geschont oder gar verwöhnt. Meistens konnte der Unterhalt der Familie mit dem Verdienst eines „Professionisten“ nicht gesichert werden. Gärten, Weingärten und Felder lieferten, neben Mastvieh und Geflügel, die Nahrungsmittel. Dass es da viel zu tun gab und auch die Kinder kräftig zupacken mussten, war selbstverständlich. Schon während, und erst recht nach dem Schulbesuch, arbeiteten Jugendliche und Erwachsene Seite an Seite. Bei Reif und Kälte oder in praller Sonne, bei Temperaturen, die man hier heute keinem „Halbstarken“ zumuten dürfte, wurden vom Frühling bis in den späten Herbst die Äcker und „Wingerter“ bestellt. Obwohl geschunden und geplagt, „gestresst“ war diese Jugend nie. Die Begriffe „entspannen“ oder „zerstreuen“ waren auf dem Dorfe so gut wie unbekannt. Selbst das Wort Unterhaltung wurde selten gebraucht. Man ging eben zum Tanz ins Wirtshaus oder in die „Reih“. Dass die Jugendlichen nach einem arbeitsschweren Tag oder einer mühevollen Woche das Bedürfnis hatten zu singen, kann man als einen natürlichen Ausgleich sehen. Und gesungen wurde oft in Jahrmarkt. Nicht nur im früheren Gesangverein, in der Deutschen Jugend, im Kirchenchor oder bei kulturellen Veranstaltungen.

Am weitesten verbreitet waren Lieder mit wehmütigen Texten und Melodien. Gesungen wurde von heimatlosen Waisen, von untreuen Jünglingen, von Räubern und Wilderern im Walde, von Wanderschaft und Heimweh, von Liebesfreud und -leid. Vor allem aber Heimat- und Mutterlieder. Viele davon wurden generationenlang gesungen und weitergegeben: Lieder, die „schun die Großje im Strickkerb’che nohgetraa hot“. Das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn häufig wurden die Texte in kleinen Büchlein aufgeschrieben und in die „Spinnstub“ mitgenommen.

Die Mädchen trafen sich in der Nachbarschaft zum Spinnen, Stricken oder Häkeln. Fast immer kamen auch die Burschen hinzu, die manchen Unfug und Schabernack trieben. Hatte man genug davon, wurden die alten oder neueren Lieder angestimmt. Jede Gruppe hatte einige Sänger, meist Sängerinnen, die eine schöne zweite Stimme sangen. Dadurch war der Gesang allemal angenehm zu hören. Irgendwo habe ich den Spruch gelesen: Auf ihr Brüder, ehrt die Lieder! Sie sind gleich den guten Taten. Wer dann noch bei der Feldarbeit oder bei der Handarbeit in der Spinnstube sang, dem muss wohl eine gute Tat bescheinigt werden. Aber auch ein lauteres Gemüt.

In der Spinnstube der Verheirateten war es ähnlich wie bei den Ledigen, vielleicht etwas gemütlicher. Das gesellige Beisammensein war diesen aber nur an langen Winterabenden möglich, zu anderen Jahreszeiten hatte man auf dem Dorf keine Zeit dafür.

Die Jugend traf sich jedoch auch sonst immer wieder. Abends, wenn es mal „tauschter“ wurde, gingen „die große Buwe oweds fort“. Natürlich zu den Mädchen. Man saß dann „uff’m Bänkel’che“ vor’m Haus, in der „Schanz“ oder in „de Trappe“. Man kann schon annehmen, dass da manche besorgte Mutter oder Oma hinter „de Schaluh“ oder hinter dem Zaun, nicht nur des Gesanges wegen lauschte, der an lauen Abenden gefühlvoll erklang.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erwachte in der dörflichen Jugend neue Lebenslust. Kameradschaften und Nachbarschaften veranstalteten die sogenannten Haus- oder Eckbälle. Allseits bekannte Musikanten, wie der „Britts Matz“, „der Blinn“ oder „der Schuster Josep“ spielten auf der Ziehharmonika. Manchmal auch Lieder mit nicht ganz jugendfreien Texten, und alle sangen ausgelassen mit. Heute meine ich, sie sangen sich den Frust und das Elend des Krieges von der Seele. Lieder erleichtern den Singenden; wie durch ein Ventil wird die Freude oder das Leid freigesetzt. Das überträgt sich auf den Zuhörer.

Gesang und Musik sind Geschwister. Jahrmarkt hatte nicht nur eine sangesfreudige Bevölkerung, sondern auch Hunderte Musikanten. In den fünfziger und sechziger Jahren, als die Wunden des Krieges zu heilen begannen, war im Musikleben der Gemeinde eine neue Entwicklung zu beobachten: viele Buben, und was neu war, viele Mädchen lernten in der Schule und bei den Kapellmeistern das Akkordeonspiel – eine Bereicherung für den Gesang. Denn nicht immer spielten die „Akkordeonisten“ auch in den Musikkapellen mit, manchmal griffen sie zu ihren Instrumenten, um mit den Mädchen und Jungen in engerem Kreis für Stimmung zu sorgen. Durch die neuen Notenbücher kamen viele neue Lieder und Schlager in Umlauf. Als sich dann Radios und Tonbandgeräte verbreiteten, war es einfach, die neuesten Lieder zu hören und zu erlernen.

Für zwei–drei Dutzend Sänger, die meisten auch im Kirchenchor aktiv, gab es viele Jahre hindurch gesangliche Auftritte. Dann nämlich, wenn die Musikkapellen alljährlich ihr obligates Kulturprogramm vor die Zuhörer brachten. Neben instrumentalen Darbietungen wurden immer zwei- bis vierstimmige Lieder vorgetragen. Die Jahrmarkter Kapellen waren im ganzen Banat bekannt. In vielen Ortschaften spielten sie auf bei Hochzeiten, Tanzveranstaltungen und Kirchweihfesten. Bei Wettbewerben wurden von den Jahrmarktern gute und beste Plätze belegt. Aber die Musikanten der verschiedenen Kapellen, vor allem deren Anhänger, standen sich oft feindselig gegenüber. Diese überspitzte Konkurrenz kam aber der Qualität der Musik zugute, wollte doch jeder der Bessere sein. Aus diesem Zwist hielten sich die Sänger aber heraus; fast ausnahmslos waren sie sowohl bei Loris als auch bei Kassner dabei, wenn diese ein Programm vorbereiteten. Diese Veranstaltungen waren immer Höhepunkt im kulturellen Leben der Gemeinde. Nach wochenlangen Proben hatte man immer schöne, meist neue Lieder eingelernt und bei überfüllten Sälen wurde die Mühe mit begeistertem Beifall belohnt.

Wenn ein bekanntes Sprichwort wahr ist, demnach Bösewichter keine Lieder haben, dann gab es in Jahrmarkt fast nur gute Menschen, wenn auch einer mal „net scheen, awer hart“ sang. Auf diese Falsch-Sänger war der Satz gemünzt: „Der singt wie e Nachtigall was Schoof fresst“, womit man an das Heulen des Wolfes anspielte. Dieser Vergleich war, meine ich, leicht übertrieben, wie die Behauptung, dass beim Gesang des einen oder anderen „die Kieh losgeriss sin“.

Schade war nur, dass man wenige Lieder in unserer schönen Mundart sang. Neben einzelnen anderen im Dialekt, war wohl das Lied zum „Sautanz“ am häufigsten zu hören: „Mir ham gehört ihr hätt geschlacht...“

Nicht immer waren es freudige Ereignisse, die Lieder gebaren; auch Jammer und Sterben waren nicht stumm. Man sang auch: „Steh ich in finstrer Mitternacht“ oder „Argonnerwald“, Lieder die im Ersten Weltkrieg weit verbreitet waren und die von der Front in die Heimat gebracht wurden. Eine Generation später beklagte man die Opfer des zweiten großen Krieges:
„Tief drin in Russlands Feldern lag sterbend ein Soldat,
dem eine russische Kugel die Brust durchlöchert hat.“

Gar manche heimliche Träne wurde vergossen, wenn Jugendliche ihrer Eltern oder Geschwister gedachten, bei einem Lied, das in der Deportation entstand:
„Tief in Russland, bei Stalino liegt ein Lager streng bewacht;
Drinnen wohnen deutsche Menschen die man aus Banat gebracht.“

Und auch dieses Lied konnte man in Jahrmarkt hören: „Nach meiner Heimat zieht's mich wieder“, und es geht sicherlich vielen Landsleuten unter die Haut wenn es dort heißt:
„... jetzt schauen fremde Menschen aus dem Fenster,
 es war einmal mein Elternhaus.“
Und: „... die du geliebt hast, die sind fortgezogen,
sie kehren nimmer, nimmer mehr.“

Dazu ein etwas abgewandelter Gedanke: Die, „die du geliebt hast“ und die nimmer zurückkehren, ruhen in der Heimaterde. Uns, die „fortgezogen“, wird das Herz oft schwer, wenn wir uns der alten Heimat, der Menschen dieser Heimat und der Lieder dieser Menschen erinnern.
 
(Aus dem Nachlass von Franz Frombach, im Archiv der HOG, zur Verfügung gestellt von Luzian Geier.)


Singen
Gemischter Chor 1973 - Loris Kapelle

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Musikantenball - Kassner Kapelle

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Kinderchor - Kassner Kapelle

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Musikantenball - Richard Kilzer, Hans Kassner und Hans Kilzer

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Musikantenball in Jahrmarkt - Richard Kilzer

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Sänger vom Kirchenchor


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Benedikt Stritt bei den Wiener Sängerknaben

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In fröhlicher Runde

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Singen an Silvester